Fujifilm FinePix S1Pro
Digitale Spiegelreflexkamera mit Super-CCD-Aufnahmesensor

Die Fujifilm FinePix S1Pro ist die älteste digitale Spiegelreflexkamera in meiner Sammlung, die man heute (Mitte 2008) noch für Fotoaufnahmen einsetzen kann, ohne qualitativ zu viele Kompromisse machen zu müssen.  Im zeitlichen Kontext gesehen war die Fujifilm FinePix S1Pro eine hervorragende Kamera für den professionellen Anwender. Unmittelbar nach der Markteinführung im Jahr 2000 hat sie für allerhand Wirbel gesorgt. Grund dafür war einerseits das von der Nikon F60 stammende Amateurgehäuse mit relativ bescheidener Ausstattung und andererseits der Fujifilm-eigene Super-CCD-Aufnahmesensor mit der Pixel-Verdoppelungstechnologie.

 

 

Das Kameragehäuse der FinePix S1Pro ist eine modifizierte Nikon F60 mit mäßiger Ausstattung und relativ wenigen Bedienelementen.

Der Super-CCD-Aufnahmesensor generiert aus 3,14 Megapixel eine Bilddatei mit 6,1 Megapixel. Das Besondere an der Super-CCD-Technologie der ersten Generation, wie er in der FinePix S1Pro verwendet wird, ist eine Interpolationstechnik, die auf tatsächlich optisch erfaßten Grunddaten basiert. Der Trick dabei funktioniert in etwa so: Der Aufnahmesensor besitzt 3,14 Millionen optisch vorhandene Pixel. Die achteckig geformten Pixel haben eine größere Oberfläche als die üblichen runden Pixel. Größere Pixel haben eine höhere Lichtempfindlichkeit und ein besseres Signal-/Rauschverhältnis (weniger Bildrauschen). Durch die achteckige Form und die gegeneinander versetzte Anordnung werden auch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Pixeln geringer was der Detailwiedergabe zugute kommt. So weit die Tricks, mit denen die Schärfe und die Detailwiedergabe verbessert wurde. Um zu einer für die damalige Zeit hohen Auflösung zu kommen ließ man sich bei Fujifilm einen weiteren Kunstgriff einfallen. Rund um jedes physikalisch vorhandene Pixel werden die vier Nachbarpixel normiert und zu einem weiteren Pixel verschmolzen. Dadurch entsteht ein weiterer Satz Bildpunkte, der zwar nicht rein auf physikalischen Daten, sehr wohl aber auf real gewonnenen optischen Informationen beruht und die Auflösung steigert. Die Diskussionen, ob es sich um eine reine Interpolation oder optische Datenerfassung mit Nachberechnung handelt waren, wie man sich vorstellen kann, sehr hitzig und lang anhaltend. Heute ist diese Form der Super-CCD-Technologie obsolet und wird in keinem aktuellen Kameramodell eingesetzt. Bei allen Super-CCD-HR- und SR-Modellen entsprechen die angegebenen Megapixel der tatsächlichen physikalischen Auflösung.

Das einfache Kameragehäuse der FinePix S1Pro wurde schon angesprochen. Dabei handelt es sich um eine modifizierte analoge Nikon F60. Wenn man eine FinePix S1Pro zerlegt, dann sieht man sogar noch ‚Reste‘ von Filmführung und Filmtransport. Die genauen Gründe, warum Fujifilm im Jahr 2000 eine professionelle digitale Spiegelreflexkamera mit einem Amateurgehäuse ausgestattet hat, sind nicht bekannt. Gerüchte deuten aber darauf hin, daß man bei Fujifilm nicht genau wußte, ob man auf dem professionellen Markt Fuß fassen konnte und das preiswerte Nikon F60 Gehäuse wäre ein Beitrag gewesen um die Produktionskosten und das finanzielle Risiko zu senken. Ob das stimmt, ist unklar, die FinePix S1Pro wurde im Jahr 2000 präsentiert und hat sich sofort ihren Platz in vielen Fotostudios erobert.

 

Acht Jahre später ist die FinePix S1Pro technisch längst überholt und die meisten Gehäuse sind aus den Fotostudios verschwunden. Obwohl die S1Pro technisch gesehen auf lediglich 8.000 bis 10.000 Belichtungen ausgelegt war (Nikon Verschlußsystem für Amateurkameras), haben viele Gehäuse mehr als 30.000 Auslösungen ohne Probleme hinter sich gebracht. Auch die Bildwandelektronik war durchwegs robust und wenig störungsanfällig. Wer sich eine gut erhaltene Fujifilm FinePix S1Pro zulegen will, der sollte dafür nicht mehr als 150 bis maximal 200 Euro ausgeben und über die häufigsten Probleme Bescheid wissen:

 

Problem Nummer 1 ist das Hauptgetriebe. Es spannt den Verschluß und besteht aus mehreren Kunststoffzahnrädern, welche sich irgendwann abnützen und brechen. Eine Reparatur ist zwar möglich, diese kostet etwa 250 bis 300 Euro und ist daher wirtschaftlich nicht mehr gerechtfertigt. Defekte am Getriebe treten von einer Aufnahme zur nächsten auf, es gibt vorher keine Anzeichen dafür und dieser Fehler ist das größte Risiko beim Kauf einer gebrauchten S1Pro.

Problem Nummer 2 ist das 4-Tasten-LC-Display an der Kamerarückseite. Dort treten bei vielen S1Pro Streifen auf, die sich nur durch den Tausch des Mainboards beseitigen lassen. Auch da gilt: Reparatur möglich aber wirtschaftlich nicht sinnvoll. Die Kamera bleibt zum Glück vollständig funktionsfähig, aber man muß in so einem Fall mit dem Schönheitsfehler leben.

Problem Nummer 3 tritt bei nur ganz wenigen FinePix S1Pro auf und hat mit dem Aufnahmesensor zu tun. Da geht es darum, daß der Aufnahmesensor einen leichten, ungleichmäßigen Farbstich produziert. Meistens ist dieser Farbstich nur dann erkennbar, wenn man eine weiße Fläche abfotografiert, weil er sehr schwach ist. Zum Beispiel ist die rechte Seite des Bildes neutral während  die linke Seite einen ganz leichten Rot- oder Grünstich aufweist. Dieses Phänomen betrifft FinePix S1Pro Gehäuse, die oft sehr hohen Temperaturen ausgesetzt gewesen sind und dürfte sich um übermäßige Alterung des Aufnahmesensors handeln. Wie man sich denken kann, ist der Austausch des Aufnahmesensors unwirtschaftlich. Die Kamera bleibt einsatzbereit, bei kritischen Aufnahmen muß man den Farbstich aber über eine Bildbearbeitung entfernen, wenn er störend bemerkbar sein sollte.

Die FinePix S1Pro hat ein Aludruckguß-Gerippe und die Außenschalen des Gehäuses bestehen aus schwarzem Kunststoff dessen angerauhte halbmatte Oberfläche sehr schnell einen speckigen Glanz annimmt und keine Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Verwendung zuläßt. Trotzdem gibt es ein paar Details, die wenig benützte S1Pro von heavy-used Gehäusen unterscheiden. Am auffälligsten sind verblichene und abgeriebene Beschriftungen, starker Verschleiß rund um das Stativgewinde und das Fehlen jeglicher Oberflächenstruktur im Bereich der Daumenauflage an der Rückseite des Kameragehäuses. Auch eine wackelige oder fehlende Verriegelung des Batteriedeckels und die fehlende rote Gummierung an der Vorderseite der Kamera deuten auf heftigen Gebrauch hin.

Die Stromversorgung der FinePix S1Pro erfolgt durch zwei verschiedene Batterietypen. Als Hauptbatterien für die Bildwandelelektronik kommen 4 Stück AA-Mignon-Zellen zum Einsatz, die Stromversorgung des Kameragehäuses erfolgt durch 2 Stück CR123A. In diesem Zusammenhang kommt es sehr oft zu Problemen, die gar keine sind. Die FinePix S1Pro funktioniert nur, wenn alle Batterien eingelegt sind. Ohne CR123A Batterien ist kein Betrieb möglich. Auch mit dem im ursprünglichen Lieferumfang enthaltenen Batterieeleminator (für CR123A) ist kein vernünftiger Betrieb möglich, weil die Mignon-Zellen die gesamte Stromversorgung von Kamera und Bildwandelelektronik übernehmen und dementsprechend schnell leer sind, vor allem wenn man das integrierte Blitzgerät benutzt. Die S1Pro ist für den Betrieb mit NiMH-Akkus oder Lithium-Batterien im Format AA (Mignon) ausgelegt. Die Kameraelektronik und das TFT-Display benötigen viel Leistung, die Alkaline-Batterien nicht liefern können. Daher geben auch die vielbeworbenen schwarz-kupferfärbigen High-Power-Batterien mit den Hasen schon nach wenigen Aufnahmen den Geist auf.

Werden voll geladene Akkus in die Kamera eingelegt und es erscheint nur ERR im Display auf der Kameraoberseite oder die Kamera stürzt nach dem Druck auf die PLAY-Taste ab, dann liegt das meistens an den Akkus und nicht an einem Fehler der Kamera. Die FinePix S1Pro ermittelt die Spannung für jeden einzelnen Mignon-Akku. Sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Akkus zu groß (mehr als 0,1 Volt Leerlaufspannung), dann schaltet die Kamera aus Sicherheitsgründen ab, es könnte dann sein, daß zwar für die Verschlußauslösung noch genügend Energie vorhanden ist, aber nicht genug um auch die Bilddatei speichern zu können. Dieses Phänomen kommt sehr oft bei gealterten Akkus vor.

Eine weitere Besonderheit der Fujifilm FinePix S1Pro ist die Lichtempfindlichkeit des Aufnahmesensors. Die beginnt erst mit ISO 320 und ist ohne qualitative Einschränkungen bis ISO 800 verwendbar. ISO 1600 ist für eine Digitalkamera dieses Alters sensationell gut, allerdings sieht man in dunklen Bildpartien schon ein gewisses Bildrauschen. Die hohe Anfangslichtempfindlichkeit von ISO 320 erfordert bei der Verwendung großer Blenden (1,4 bis 2,8) und Tageslicht die Verwendung eines Neutralgrau-Filters.

 

Die Fujifilm FinePix S1Pro ist in der Praxis von einer aktuellen digitalen Spiegelreflexkamera auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden. Auch die Arbeitsmethodik ist den aktuellen Modellen entsprechend und dank eines sehr durchdachten Bedienkonzeptes sehr einfach. Die FinePix S1Pro ist gegenüber aktuellen Kameras wesentlich langsamer und erfordert mehr Geduld bei den Aufnahmen. Der Autofokus braucht mehr Zeit und auch beim Druck auf den Auslöser ist eine ganz geringe Auslöseverzögerung merkbar, die aber nur störend ist, wenn man unmittelbar davor mit einer aktuellen Digitalspiegelreflex fotografiert hat. Auch die Speicherung auf eine CompactFlash- oder SmartMedia-Speicherkarte dauert länger als von aktuellen Kameras gewohnt. Wissen sollte man, daß das Dateisystem der Kamera auf 1024 MB beschränkt ist und Speicherkarten mit Kapazitäten über 1GB nicht oder nur mit 1GB unterstützt werden. Ein wenig anachronistisch sind auch die verwendbaren Objektive. Hier ist man auf AF- und AF-D-Nikkore oder kompatible Objektive beschränkt, wenn man die vollständigen Funktionen inklusive Autofokus haben will. Nikon AF-S- und AF-G-Objektive können zwar angesetzt werden, allerdings ohne Autofokus und lediglich mit einer Scharfeinstellhilfe. Alte Nikon Ai- und Ai-S-Objektive passen zwar auf die S1Pro, allerdings ohne Belichtungsmessung und ohne Autofokus.

Auch die Blitztechnologie entspricht dem Stand der späten 1990er-Jahre. Das Maß der Dinge sind Nikon-Blitzgeräte der Typen SB-24, SB-25, SB-26, SB-27 und SB-28, wobei auch die TTL-Blitztechnik 1:1 von der Nikon F60 übernommen wurde. Das genügt durchschnittlichen Ansprüchen, ist aber gemessen am aktuellen Stand der Technik nicht besonders großartig. Wer damit auskommt, bekommt für wenig Geld ein passables TTL-Blitzsystem geboten, denn ab 50 Euro gibt es gut erhaltene SB-24 Blitzgeräte.

Die Bildqualität ist gemessen am Alter der Kamera ausgezeichnet und einer Einschränkung auch heute noch tadellos. Die Einschränkung betrifft die Bildgröße. Mit Pixelverdoppelung schafft die FinePix S1Pro gerade 6,1 Megapixel. Das ist heute das untere Ende im DSLR-Bereich, reicht aber für Vergrößerungen bis zum Format 20x30cm völlig aus, wenn man im unkomprimierten TIF-Format aufzeichnet geht sich sogar noch ein 30x40 Print oder Poster aus. Die Aufnahmen mit der FinePix S1Pro haben eine sehr gute Dynamik, die locker das Niveau einer guten aktuellen Kompaktkamera erreicht. Die Farbwiedergabe ist eher auf den Bereich Portraitfotografie ausgelegt und es gibt einige Fotografen die meinen, daß die S1Pro zu den besten Kameras für die Wiedergabe von Hauttönen gehört.

 

 

Fazit: Wer sich um wenig Geld eine brauchbare digitale Spiegelreflexkamera zulegen will, der ist mit der Fujifilm FinePix S1Pro gut dran. Vorausgesetzt man erwischt ein einigermaßen gut erhaltenes Gehäuse kann man zum Preis einer aktuellen digitalen Kompaktkamera mit einem Spiegelreflexgehäuse fotografieren. Wenn man noch irgendwo ein Nikon AF 35-70mm oder ähnliches herumliegen hat, dann gibt es sogar ein gut geeignetes (Portrait-)Objektiv zum Nulltarif. Mit der geringen Auslöseverzögerung kann man leben, ebenso mit der langsamen Kameraelektronik und der angestaubten Blitztechnik.

 

Vorteile:

-          - Gute Bildqualität

-          - Günstiger Preis ab ca. 150 Euro

-          - Einfache Bedienung und klares Bedienkonzept

-          - Benötigt keine Spezialakkus, funktioniert mit AA-Akkus und CR123A-Batterie

-          - Vollständig kompatibel mit Nikon AF-, AF-D-Objektiven

 

Nachteile:

-          - Kein Hochformatauslöser

     - Nikon AF-S und AF-G-Objektive nur ohne Autofokus verwendbar

 

August 2008

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Auf der Kamerarückseite befindet sich ein zweites, beleuchtetes LC-Display mit vier zugeordneten Tasten. Damit können die wichtigsten Parameter direkt eingestellt werden.

Das Setup-Menü der FinePix S1Pro besteht aus zwei Seiten mit nur 13 Menüpunkten.

Alle Anschlüsse befinden sich hinter einer Gummiabdeckung unterhalb des Objektivs.

Nikon F-Bajonett für AF- und AF-D-Objektive. Aktuelle AF-S und AF-G-Typen können angesetzt werden, die automatische Scharfeinstellung funktioniert aber nicht.

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