Nikon AF-Fisheye-Nikkor 16mm/2.8 D
Manchmal bekomme ich ein Angebot, welches ich nicht ablehnen kann. So geschehen im Juli 2019, als ich auf einer österreichischen Internet-Verkaufsplattform über ein 16mm-Fisheye-Nikkor gestolpert bin. Ich habe zwar etwas ganz anderes gesucht, aber der Preis war interessant und so kam es, wie es kommen musste, mich hatte das Jagdfieber gepackt. In neuwertigem Zustand wollte der Verkäufer 280 Euro für das Objektiv. Ein Schnäppchen, auch wenn nur der L37c-Hinterlinsenfilter dabei sein sollte und das Mäppchen mit den drei restlichen Farbfiltern gefehlt hat. Was soll ich lange herumreden: Ein paar Stunden später war ich der Besitzer der Fischaugen-Optik und mein Geldbörsel um 280 Euro leichter. Endlich hatte ich ein günstiges Nikkor-Fisheye ergattert und noch dazu die optisch bessere AF-Version. Ein bisserl schmuddelig war das Objektiv auf den ersten Blick zwar schon, aber sonst in einem wenig gebrauchten Zustand. Neuwertig war zwar übertrieben, aber jeder Verkäufer lobt seine Ware über den grünen Klee und so habe ich trotzdem zugeschlagen und gekauft.
Bei einer oberflächlichen Reinigung unmittelbar nach dem Kauf wurde die Frontlinse nicht ganz sauber und einen glitzernden Punkt habe ich für einen Vergütungsfehler oder eine beschädigte Vergütung gehalten. Nicht tragisch, aber eine Abweichung von „komplett in Ordnung". Zuhause habe ich mir dann Zeit genommen und gründlich gereinigt, wie es einem solchen Objektiv würdig ist. Ein Blasebalg, ein weiches faserfreies Tuch und Isopropanol haben dann ganze Arbeit geleistet. Das Objektiv war wirklich dreckig und die Frontlinse echt eingesaut aber nach längerer vorsichtiger Reinigung ist alles ganz sauber geworden und auch der Glitzerpunkt ist rückstandslos weg. Die Optik ist technisch wie neu und sieht erst auf den zweiten Blick etwas gebraucht aus.

Das AF-Fisheye-Nikkor 16mm/2.8 D ist ein Vollformat-Objektiv mit acht Linsen in fünf Gruppen und einem diagonalen Bildwinkel von 180°. Es besitzt eine Nahbereichskorrektur mit beweglichen Linsengruppen, deren Abstand zueinander in Abhängigkeit von der eingestellten Entfernung variiert. Damit wird im Nahbereich eine bessere optische Korrektur erreicht. Sieben Blendenlamellen lassen Einstellungen zwischen 2,8 und 22 zu, wobei sich die Frage wie rund die Blendenöffnung ist, bedingt durch fehlendes Bokeh erübrigt. Eine richtig schöne Hintergrund-Unschärfe ist mit einem extremen Weitwinkel nicht wirklich möglich. Die Naheinstellgrenze liegt bei 25 Zentimetern, was einen Maßstabbereich von 1:10 ergibt. Echte Makroaufnahmen lassen sich mit dem Objektiv also nicht machen, das ist aber auch nicht Sinn und Zweck dieser Optik. Als Besonderheit sitzt bei diesem Objektiv hinter der letzten Linse ein Filter. Meist ist das ein UV-Filter mit der Bezeichnung L37c, im Lieferumfang befinden sich aber noch drei weitere Filter. Ohne ein Filter funktioniert das AF-Fisheye-Nikkor nicht, denn man kann nicht auf unendlich scharf stellen. Beim Gebrauchtkauf ist darauf zu achten, dass wenigstens das L37c-Filter vorhanden ist. Die drei anderen Filter benötigt eigentlich niemand, sie waren bzw. sind in der analogen Fotografie vielleicht ein Thema, verwendet man das AF-Fisheye-Nikkor an einem digitalen Gehäuse gehen sie einem nicht ab, wenn man sie nicht hat. Das Objektiv ist sehr solid überwiegend aus Metall und Glas gefertigt und entspricht in allen Aspekten dem Nikon-Professional-Standard.

Vergleicht man das AF-Fisheye-Nikkor mit meinen beiden anderen Fischaugen-Objektiven (Zenitar 16mm und 7Artisans 7,5mm), dann ist es optisch gesehen das beste Objektiv. Es ist ab Blende 8 so scharf und kontrastreich wie man sich das von einem Objektiv dieser Preisklasse (ca. 650 Euro Neupreis) und von diesem Hersteller erwartet. Farbsäume fallen beim Pixelzählen am Monitor auf, sind auf Ausbelichtungen bis zum Format 20x30cm aber nur sehr schwer sichtbar bis komplett unsichtbar. Lichtquellen und damit verbundene Überstrahlungen oder Geisterbilder im Bild sind für das AF-Fisheye-Nikkor kein  Thema, beim Zenitar- oder beim 7Artisans-Objektiv muß man in diesem Bereich mehr Kompromisse eingehen. Ich verwende meine (Weitwinkel-)Objektive fast immer im Bereich von Blende 5,6 bis 11, weil sie dann die beste Abbildungsleistung haben. Das ist auch bei diesem Objektiv der Fall. Verglichen mit meinen beiden anderen Fisheye-Linsen sind die Ergebnisse bei Blende 2,8 aber deutlich besser und bis auf eine moderate Randunschärfe fehlerfrei. Mit dem AF-Fisheye-Nikkor kann man mit offener Blende fotografieren ohne bei den Ergebnissen zu viele Einschränkungen hinnehmen zu müssen. Zenitar und 7Artisans fallen gerade in diesem Punkt deutlich zurück.
Je näher man dem abzufotografierenden Objekt auf den Pelz rückt, desto tonnenförmiger fallen die Verzeichnungen aus. Das ist phsikalisch bedingt und in diesem Punkt unterscheiden sich meine drei Fishaugen-Objektive nicht voneinander. Überlegte Bildgestaltung und passender Abstand zum Objekt sind bei einem Fisheye gefragt. Jetzt kommt natürlich wieder die Empfehlung für Fisheye Hemi, auch wenn ich vom Hersteller der Software keine Verkaufsprovision bekomme. Diese Software gehört vor allem in ihrer zweiten Version einfach zu einem Fischaugen-Objektiv dazu, weil sie das Objektiv zu einem Super-Weitwinkel-Objektiv transformiert. Die Beschränkung auf den „Fisheye-Look" fällt weg und man kann das Objektiv wesentlich vielfältiger einsetzen. Meiner Meinung und Erfahrung nach sind die ungefähr dreißig Euro Anschaffungspreis für Fisheye Hemi sehr gut angelegt.

Ebenfalls gut angelegtes Geld wäre ein brauchbarer Objektivdeckel, wenn es einen geben würde. Geliefert wird das Objektiv mit einem Plastik-Stülpdeckel für die Frontlinse, der bei mir nur lose am Objektiv gehalten hat und schon bei der vorsichtigen Entnahme der Optik aus der Fototasche abgefallen ist. Der Vorbesitzer hat vermutlich ebenfalls mit diesem bockigen Teil gekämpft, was auch der Grund für die eingesaute Frontlinse gewesen sein dürfte. Ich habe auf der Innenseite des Plastikdeckels ein Stück Samt eingeklebt und den Durchmesser so weit verringert, dass das Ding am Objektiv hält. Der sogenannte Objektivdeckel ist billiger Mist, der auf so einem Objektiv eigentlich nichts verloren hat, der aber schon seit über einem Jahrzehnt den Käufern zugemutet wird und das schlechteste Teil an diesem Objektiv ist.  

Betrachtet man zusammenfassend das AF-Fisheye-Nikkor 16mm/2,8 D ergibt sich folgendes Bild: Es ist optisch das beste Fisheye-Objektiv aus diesem Trio und es ist, bezogen auf den Neupreis, auch mit Abstand das teuerste Objektiv. Dafür bekommt man professionelle Leistung und auch wenn dieses Fisheye-Objektiv schon etliche Jahre angeboten wird repräsentiert es noch immer den Stand der Technik. Wer bereit ist viel Geld anzulegen wird mit damit belohnt, dass er weniger Zeit in die Nachbearbeitung der Bilder stecken wird müssen und dass das Objektiv nahtlos in das Nikon-System integriert ist.