Leica M5
September 2006
 
 
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Pro und Kontra:


Pro
- auch nach 35 Jahren noch modern
- relativ preiswertes M-Modell

Kontra
- 1,35 Volt Batterieproblem (kann mit wenig Aufwand gelöst werden)
- größer als alle anderen M-Leicas
Jeder Hersteller hat in seiner Produktpalette eine Art ungeliebtes Kind. Bei Leitz ist es die Leica M5, eine Kamera, die nur in geringen Stückzahlen produziert wurde und die auch bei den Anwendern nicht besonders hoch im Kurs steht. Dabei tut man der Kamera unrecht. Sie ist die erste Leica M mit einer TTL-Belichtungsmessung, sie ist eine echte Weiterentwicklung der M-Serie und sie ist die letzte Leica M, die nach den strengen Qualitätsmassstäben von Leitz produziert wurde, die in den 1950er und 1960er gegolten haben. Ohne die technischen Details durchzuhecheln ein paar Highlights:

Die wohl größte Besonderheit ist die Technik der TTL-Belichtungsmessung. Die Messzelle ist an einem Schwenkarm angebracht, der bei gespanntem Verschluss in den Strahlengang zwischen Objektiv und Verschlusstuch geschwenkt und unmittelbar vor der Auslösung wieder weggeklappt wird. Die Messcharakteristik geht sehr stark in Richtung Spotmessung, was für mich sehr angenehm ist und vor allem bei Diafilm für kontrollierbare Resultate sorgt. Die richtige Zeit-/Blendenkombination wird mit einem unorthodoxen Zeigersystem in einer Art Nachführmessung eingestellt. Das ist nur am Anfang gewöhnungbedürftig und man hat das System bereits nach dem ersten Film verinnerlicht. Übrigens ist die Leica M5 die erste M-Kamera mit Anzeige der Belichtungszeit im Sucher. Es hat nach der M5 noch bis März 2002 gedauert, bis es wieder eine echte M mit diesem Feature gegeben hat (Leica M7).

Alle Leica M Modelle vor der M5 basieren auf dem Modell M3. Die Leica M5 ist eine eigenständige Weiterentwicklung mit vielen, für die damalige Zeit neuartigen, Lösungsansätzen innerhalb des M-Systems. Bedingt durch den Belichtungsmesser ist sie bis heute die größte Leica M und wurde deshalb sehr oft zu unrecht kritisiert. Verglichen mit einer aktuellen digitalen Spiegelreflexkamera ist die Leica M5 bestenfalls zierlich. Ebenfalls ein neuer Lösungsansatz, der sofort wieder kritisiert wurde, waren die Ösen für den Tragriemen. Die Konstrukteure wollten doch tatsächlich, dass die Kamera vertikal, im Hochformat, getragen wird. Welch eine Zumutung für die wahren Leica M-Fetischisten. Als nachträgliche Modifikation wurde innerhalb der Serienfertigung sofort eine dritte Öse an das Kameragehäuse geschraubt. Damit kann man eine M5 wahlweise waagrecht (vor dem Bauch) oder senkrecht (elegant über die Schulter gehängt) tragen.

Die M5 ist die letzte Kamera, die während der gesamten Produtkionszeit in Deutschland gefertigt wurde. Sie ist auch die letzte M-Kamera, deren Beschriftungen graviert wurden (heute werden die Schriftzüge geprägt). Sie ist auch das letzte Modell, welches nach den strengen Spezifikationen, die für M-Leicas in den 1950er und 1960er Jahren gegolten haben, (hand-)gefertigt wurde. Alle Bauelemente wurden in mühevoller Kleinarbeit aufeinander abgestimmt, wogegen heute einzelne Baugruppen solange getauscht werden, bis die Toleranzen stimmen (ab der M4-2 eingeführtes Programm zur Kostensenkung).
Die Leica M5 in der Praxis:

Das Design der Kamera wurde sehr oft als häßlich abqualifiziert. Ich finde, dass es im zeitlichen Kontext gesehen (frühe 1970er Jahre) nicht schlechter als der Durchschnitt gewesen ist. Die Kamera ist groß und eckig, dafür aber solid gebaut und funktioniert sowohl bei sehr hohen als auch bei sehr tiefen Temperaturen problemlos. Ich habe mit der Kamerahaltung ein wenig Probleme und deshalb habe ich mir einen Handgriff konstruiert, der dieses Problem beseitigt. Die Kamera liegt mit dem Griff beim Querformat und vor allem bei Hochformataufnahmen besser in der Hand. Eine Konstruktionsanleitung gibt es auf dieser Seite zum Download.

Die M5 hat ausreichend große Bedienelemente, die auch gut plaziert sind. Der Energieverbrauch des Belichtungsmesser ist lächerlich gering und man kommt mit einer Batterie mehrere Jahre aus. Nachdem die Kamera für Quecksilberbatterien ausgelegt ist, die heute nicht mehr hergestellt werden, benötigt man eine 1,35 Volt Knopfzelle. Informationen zu dieser Problematik gibt es auf der Seite zur Rollei 35 auf dieser Homepage.

Im Sucher der Leica M5 werden die Begrenzungen für 35mm, 50mm, 90mm und 135mm Brennweite eingespiegelt. Meiner Meinung nach passt ein 35mm Objektiv am besten auf die M5, es ist für mich das Standardobjektiv an dieser Kamera. Das auf dem Foto gezeigte Zeiss Biogon 35mm/2,0 ist übrigens sehr empfehlenswert. Die Abbildungsleistung entspricht zu 99% jener des aktuellen Leica Summicron 35mm/2.0 Aspherisch und ist auch für höchste Ansprüche geeignet. Das Zeiss Biogon ist praktisch verzeichnugsfrei und liefert eine sehr neutrale Perspektive.

Wer mehr Weitwinkel haben möchte, benötigt einen zum Objektiv passenden Sucher. Ich habe zwar gehört, dass man den Sucher der Leica M5 so modifizieren lassen konnte, dass auch die Begrenzungen für 28mm eingespiegelt werden, ich habe das für meine Kamera allerdings nicht in Erwägung gezogen und daher auf eine Anfrage beim Leica-Service verzichtet. Ich setze meine M5 mit einem 21mm, dem Biogon 35mm und einem 90mm Objektiv ein. Die Ausrüstung ist so kompakt, dass sie problemos in eine kleine Tasche wie der Bens Pizza L von Crumpler passt.
Download: Eigenbau-Handgriff für die Leica M5
Fazit: Obwohl die Kunstruktion dieser Kamera mehr als 35 Jahre alt ist, ist die Leica M5 auch heute noch eine moderne Kamera. Die M5 ist für mich ein Geheimtipp, wenn man ein kostengünstiges Leica M-Gehäuse sucht. Das größere Gehäuse ist für mich nur ein scheinbarer Nachteil, der durch die spotartige TTL-Belichtungsmessung mehr als ausgeglichen wird. Nachdem auch die Mehrzahl aller M-Objektive an die Leica M5 passt, wiegt die Einschränkung ältere 21mm-Super-Angulon-Typen und versenkbare Leica M-Optiken nicht oder nur eingeschränkt verwenden zu können für mich nicht besonders schwer. Auch das Batterieproblem mit der 1,35 Volt Quecksilberbatterie ist auf einfache Weise lösbar. Betrachtet man die solide und qualitativ hochwertige Bauweise der Kamera kann man mit all Kontrapunkten ganz gut leben. Der Preis ist ebenfalls ein gutes Argument für die M5,  schließlich gibt es Gehäuse in gutem Zustand ab etwa 600 Euro.
Leica M5 in silber mit 2 Ösen
Leica M5 mit dem Eigenbau-Handgriff