Ausstattung und Bedienung: Das in hier vorgestellte Gerät ist eine erfreuliche Ausnahme bei der Bedienung, denn man kann es aus der Schachtel nehmen und sofort damit arbeiten. Irgendwie fühlt man sich an die Zeiten der guten alten CompactCassette erinnert, denn das Bedienkonzept des PMD620 ist das was man im angelsächsischen Raum als straight-forward bezeichnen würde. Es ist simpel und logisch ohne viele Firlefanzen. Die Ausstattung des Marantz PDM620 ist durchaus ausreichend ohne überladen zu sein. Das Gerät kann alles, was man als Profi oder semiprofessioneller Anwender für Aufnahmen braucht ohne jedoch umfangreiche Schnitt- und Sonderfunktionen zu besitzen. Meiner Meinung nach ist das auch gar nicht notwendig, weil dann die Bedienung eines derartig kompakten Gerätes zu kompliziert werden würde. Mit dem kleinen Display wären umfangreiche Editierfunktionen auch gar nicht machbar.
Grundsätzlich orientiert sich die Vorgangsweise und Bedienung bei Aufnahme und Wiedergabe an klassischen Vorlagen wie Tonbandgerät, DAT- oder MD-Recorder und wird durch aktuelle Features wie sprachgesteuertem Aufnahmestart und der Copy-Segment-Funktion ergänzt. Der Aufnahmepegel kann entweder per ALC, einer automatischen Pegelkontrolle und Regelung, oder manuell erfolgen. ALC oder manuelle Pegeleinstellung werden vor Aufnahmebeginn festgelegt. In der manuellen Betriebsart gibt während der Aufnahme eine Pegelanzeige Auskunft über die Eingangspegel. Sehr nützlich ist auch die Möglichkeit Konfigurationen für Aufnahmeeinstellung abzuspeichern. Im Preset-Menu des Recorders legt man die verschiedenen Parameter für jedes der drei Presets fest und speichert diese ab. Man kann sich etwa Voreinstellungen für Aufnahmen im Studio, auf der Straße oder mit einem bestimmten Mikrofon abspeichern und später situationsabhängig abrufen. Das ist ganz angenehm, denn neben Aufnahmeeingang, Aufnahmeformat oder Widergabemodus können Werte für 23 Einstellungen festgelegt werden. Die Anpassung des PMD620 an die verschiedenen Aufnahmebedingungen erfolgt dann über den Menüpunkt Preset-Select. Gut ist auch, daß die festgelegten Presets auf eine SD-Card gesichert und bei Bedarf wieder in den PMD620 kopiert werden können. Die Sicherungsdateien für den Preset-Select sind übliche ASCII-Dateien und können mit jedem Texteditor bearbeitet werden.
Ergänzt wird die Ausstattung durch die bereits erwähnte lautstärkegesteuerte Aufnahme "Silent-Skip". Die hat sogar einen zwei Sekunden langen Pre-Recording-Buffer, damit nichts am Anfang der Aufnahme verloren geht. Die Tracknummern können entweder manuell durch Druck auf die REC-Taste erhöht werden, oder man kann das auch den PMD620 erledigen lassen, der die Nummerierung in vorgewählten Zeitabständen automatisch hochzählt. Ein Mikrofon-Dämpfungsschalter und ein Rumpelfilter runden die Optionen für die Aufnahmeeinstellungen ab.
Nach der Aufnahme kann man die Tracks auch direkt im Gerät editieren. Die Möglichkeiten sind zwar beschränkt aber durchaus sinnvoll. Mit der Funktion "Copy-Segment" wird aus einer (gerade aufgenommenen) Audiodatei ein Stück herausgenommen und als neue Audiodatei abgespeichert. Bei einem Interview kann man damit die wichtigsten Passagen auf einige wenige Audiodateien reduzieren und im PMD620 sogar mit neuen, aussagekräftigen Namen versehen, denn eine Funktion zum verändern der Dateinamen ist vorhanden. Damit man auch alles versteht, was einem der Interviewpartner vorher gesagt hat, gibt es noch die Skip-Back Funktion. Das ist eine Art Schnellrücklauf in einer vorher festgelegten Länge. Je nach Einstellung springt der Recorder auf Tastendruck während der Wiedergabe innerhalb der Datei zurück. Sinnvoll sind Einstellungen zwischen drei und fünf Sekunden, es geht aber auch länger. Die Wiedergabe wird dann an der Rücksprungstelle fortgesetzt und man kann sich undeutliche Stellen, so oft man will, nochmals anhören - sehr nützlich z.B. bei Übersetzungen oder beim Transkribieren.
Um aufgenommene Tracks zu finden, umzubenennen oder zu löschen gibt es eine Wiedergabeliste. Die wird anhand der Dateinamen angezeigt, denn der Marantz PMD620 orientiert sich beim Dateisystem an MS-DOS und vergibt Tracknummern nach dem 8+3-System aus der Urzeit des PCs. In Verbindung mit einer einstellbaren Machine-ID werden eindeutige Dateinamen erzeugt, die praktisch mit allen Computersystemen kompatibel sind. Der PMD620 unterstützt keine ID3-Tags, es gibt daher keine Wiedergabelisten und es ist auch nicht möglich irgendwelche Playlists zu erstellen oder zu bearbeiten. Auch bei der Wiedergabe erfolgt keine Anzeige eventuell vorhandener ID3-Tags, es wird immer nur der Dateinamen ausgegeben.