Nikon-Ai/AiS - Teil 17: Die Nikon EL2
Die Nikon EL2 ist unbestritten eines der exotischeren Modelle von Nikon. Das habe ich vor vielen Jahren beim Kauf meiner gebrauchten EL2 aber nicht gewusst und deshalb meine technisch nicht ganz einwandfreie Kamera vorwiegend auf Radtouren eingesetzt. Wäre ihr etwas passiert, zum Beispiel bei einem Sturz, wäre sie ruck zuck ausgemustert worden. Die Kamera hatte schon beim Kauf Probleme im Filmtransport mit ungleichen Bildabständen und manchmal hat der Transport auch ganz blockiert. Dann musste der Bodendeckel abgebaut werden, man musste an einem bestimmten Übertragungshebel rütteln und die Sperre wieder lösen. Einmal habe ich etwas zu forsch gerüttelt und dann war die Mechanik derart durcheinander, dass die Kamera ein Fall für den Mechaniker oder eher den Altmetallcontainer geworden ist. Im Jahr 2023 war es gar nicht so leicht an eine gute analoge Spiegelreflexkamera aus den "goldenen Zeiten" zu kommen und so habe ich die damals bereits seit einigen Jahren kaputt herumliegende EL2 aufarbeiten lassen. Der Herr Redl vom gleichnamigen Kameraservice in Wien hat mir viel Geld abgenommen, aber die an sich schrottreife EL2 zu neuem Leben erweckt und zwar so gut, dass man meint, technisch wäre die Kamera neuwertig.
November 2025




zurück zur Startseite





Auf den ersten Blick sieht die Nikon EL2 einer Nikkormat EL zum verwechseln ähnlich. Die Bedienelemente stimmen überein und die Gehäuse sind gleich groß. Wer genau hinsieht bemerkt den Schriftzug Nikon am Pentaprisma, einen Drehschalter unter dem Auslöser und wer noch genauer hinschaut bemerkt auch die Ai/AiS-Kupplung am Objektivbajonett.
Was man über die Nikon EL2 wissen sollte: Die EL2 ist kein Modell der Nikkormat-Linie, obwohl sie so aussieht, mechanisch mit der Nikkormat EL in weiten Bereichen übereinstimmt und von vielen Nikon-Spezialisten als Nikkormat angesehen wird. Vom Design und der Mechanik ist sie eine Nikkormat EL, aber der von Copal stammende modernisierte Verschluss, eine vollkommen neue Kameraelektronik und die technisch völlig neu ausgelegte Belichtungsmessung trennen die EL2 in drei ganz wichtigen Bereichen von allen Nikkormat-Modellen. Trotzdem ist sie noch keine Nikon FE, weil sie mit dieser Modellreihe die Elektronik teilt aber ein größeres und stabileres Gehäuse besitzt. Die Einordnung als Kamera zwischen den Zeiten greift auch nicht, weil die EL2 im Nikon-SLR-System rückwärts- und vorwärtskompatibel mit älteren und neueren Objektiven ist. Ein Lückenbüßer ist sie ebenso wenig, denn im Nikon-Universum des Jahres 1977 hat es nur die Nikon F2A, die F2AS und die Nikkormat FT3 gegeben, welche mit ähnlich modernen Features wie der Ai-Objektivkopplung neben der EL2 angeboten worden sind. Vielleicht kann man dieses Kameramodell gar nicht einordnen. Die Nikon Corporation hatte in diesem Zeitraum einige spezielle Forschungsgruppen zu verschiedenen Problematiken, unter anderem für die Belichtungsmessung, die Kameraverschlüsse, im Bereich Kunststoffverarbeitung oder der Glastechnologie im Einsatz, und die haben laufend ihre Forschungsergebnisse in die Kameraproduktion und damit in neue Modelle einfließen lassen. Die späten 1970er waren eine Zeit der extremen technischen Neuerungen und diese Kamera war eben ein Produkt dieser Epoche.
Die Rückseite der Nikon EL2 glänzt durch Schlichtheit. Links neben dem Okular findet man die Batteriekontrolle in Form einer Glimmlampe. Sonst gibt es keine Bedienelement. Eine Datenrückwand war weder zur Nikkormat-Reihe noch zur Nikon EL2 lieferbar.
Die Nikon EL2 ist also ein Wesen aus der Zeit zwischen viel Mechanik und viel Elektronik. Nach meinen Recherchen wurden von dieser Kamera von Mai 1977 bis Mai 1978 gerade 93.000 Stück gebaut, was für einen Hersteller wie Nikon wenig ist. Die relativ komplett wirkende Sammlung von Richard de Stoutz und jahrelange Beobachtungen von Gehäuse-Seriennummern aus verschiedenen Verkaufsangeboten im Internet lassen den Seriennummernbereich von 7800000 bis 7848xxx für silberfarbige und von 7900000 bis 7945xxx für schwarze Gehäuse als realistisch erscheinen. Das entspricht ungefähr 48.000 silbernen und 45.000 schwarzen Nikon EL2 und einer Produktionsmenge von etwa 7.750 Kameras pro Monat. Das sind Zahlen, welche im Bereich des Möglichen und Realistischen liegen, eine Bestätigung seitens Nikon ist natürlich nirgends zu finden, aber das ist bei den großen japanischen Herstellern üblich.

Im ersten Teil meiner Nikon-Ai/AiS-Serie auf troeszter.net habe ich die Nikkormat EL und ihre Meriten bereits angesprochen. Robust wie eine Nikon F2 ist sie, zuverlässig ist sie auch nach vierzig Jahren im Einsatz und wer nur die Hasenohren-Objektive, also die Modelle der Typen A, C und K vor dem Ai/AiS-Zeitalter verwendet, braucht nicht wirklich eine andere Kamera. Die Nikkormat EL ist für non-Ai-Objektive völlig ausreichend. Die Nikon EL2 kann aber trotzdem ein klein wenig mehr. Sie besitzt einen verbesserten Copal-Square-Verschluss. Was genau an diesem Teil besser ist, erschließt sich mir nicht, der einzige sichtbare Unterschied ist, dass auf dem Verschlusszeitenwahlrad die Rastung für acht Sekunden vorhanden und auf der Skala graviert ist. Bei der Nikkormat EL kann man die acht Sekunden zwar nutzen, indem man das Zeitenrad auf den Bereich zwischen vier Sekunden und [B] einstellt, auf der Zeitenskala ist aber nichts angeschrieben und und der Drehknopf rastet auch  nicht ein.
Die Bedienung einer Nikon EL2 ist ohne Betriebsanleitung durchschaubar. Man kann Zeitautomatik oder Belichtungszeit und Blende einstellen. Die Filmempfindlchkeit findet man auf der linken Seite und eine Belichtungskorrektur ist für Gegenlichtsiuationen bei einer so alten Kamera wie der EL2 eine sinnvolle Ergänzung. Auf den ISO-Blitzschuh kann ein Blitzgerät gesteckt werden. Eine Blitz-TTL-Messung sucht man bei einer Kamera dieser Altersgruppe vergeblich.
Die für mich wichtigste Neuerung ist von außen gar nicht erkennbar und betrifft die Belichtungsmessung. Bei der Nikon EL2 hat sich der Hersteller von den trägen CdS-Zellen zugunsten der schnelleren, und wie sich herausgestellt hat langlebigeren Siliziumfotodioden verabschiedet. Nebenbei hatte man damals die Technologie flexibler Leiterplatten so weit entwickelt, dass man sie in der Nikon EL2 in industriellem Maßstab verwenden hat wollen. So hat man den Produktionsaufwand reduzieren und mit einer gleichzeitig erhöhten technischen Standfestigkeit kombinieren wollen. Nach fünfundvierzig Jahren ist das durch eine ganze Menge noch einwandfrei funktionierender Kameras bewiesen worden. Siliziumdioden messen schneller und sind frei von der für CdS typischen Trägheit, die sich bei geringen Lichtmengen und durch Alterung noch verstärkt. In diesem Punkt war die EL2 sogar der Nikon F2A - aber nicht der F2AS - überlegen.

Der Nikon-Schriftzug und die Nockensteuerung mit dem Ai-Blendenmitnehmer sind die auffälligsten Änderungen gegenüber der Nikkormat EL, wenn man die Kamera ansieht. Hinsichtlich der Objektive war es im Jahr 1977 bei einer Nikon-Spiegelreflexkamera völlig logisch den Anschluss auf den neuen Ai-Standard auszulegen, wobei man ältere Modelle der Typen A, C und K mit weniger komfortabel mit der Belichtungsmessung bei Arbeitsblende weiterhin verwenden konnte. An der Nikon EL2 sind uneingeschränkt alle Ai-, AiS, AF- und AF-D-Objektive verwendbar. Die AF-Versionen natürlich nur mit manuellem Fokus. Objektive ohne Blendenring (AF-G-Nikkore) kann man an diese Kamera ansetzen, sinnvoll verwendbar sind sie aber nicht. Das macht die Nikon EL2 eindeutig zum Ai/AiS-Klassiker.

Einen Synchronkabelanschluß für (Studio-)Blitzgeräte findet man auf der linken Seite der Kamera. Die kürzeste Synchronzeit ist bei der Nikon EL2 eine 1/125 Sekunde, was dem Metalllamellen-Verschluß und seiner geringen Trägheit geschuldet ist. Als Vergleich: Die etwa gleich alte Rolleiflex SL 35M schafft mit ihrem Tuchschlitzverschluß nur eine lahme 1/40 Sekunde.

Links neben der Öse für den Umhängeriemen sieht man den Hebel für die Spiegelvorauslösung. Bedingt durch die Batterie in einem Fach innerhalb des Spiegelkastens ist diese Funktion bei der Nikon EL2 obligatorisch.
Die Elektronik der Nikon EL2 braucht Batteriestrom und den bekommt man aus einer 4SR44-Batterie, die man im Boden des Spiegelkastens in einem Batteriefach versenken muss. Das ist eine Spezialität der Nikkormat EL, ELW sowie der Nikon EL2 und dem Umstand geschuldet, dass die Verschlussmagneten für die volle Funktionsfähigkeit sechs Volt Spannung brauchen. Die relativ große Elektronik und die ebenso große Batterie haben keinen anderen Platz für die Unterbringung der Stromversorgung gelassen. Bezüglich des Batteriewechsels ist das Studium der Bedienungsanleitung dringend empfohlen. Dort erfährt man, wie das genau und ohne großes Risiko für den Verschluss und die Einstellscheibe geht. In der Anleitung wird die Silberoxid-Version der 6V-Batterie empfohlen, von der ich bestätigen kann, dass man damit eine stabile Stromversorgung für lange Zeit bekommt, welche auch bei Temperaturen unter +5°C problemlos funktioniert. Ein enorm hoher Stromverbrauch hat meistens eine ganz andere, einfache Ursache. Die Nikon EL2 besitzt zwei Hauptschalter. Die Kamera kann durch das Ausklappen des Transporthebels eingeschaltet werden und ein zweiter Schalter befindet sich rund um den Auslöser in Form eines Drehschalters. Dieser Schalter wird nur benötigt, wenn ein Motorantrieb angesetzt ist. Lässt man diesen zweiten Schalter ohne Motorantrieb in der Position mit dem sichtbaren roten Punkt stehen, bleibt der Belichtungsmesser der EL2 ohne angesetzen Winder AW-1 immer eingeschaltet. Die Batterie wird deshalb „ausgesaugt", weil bei SBC-Elementen immer ein Strom fließt. Bei CdS wie zum Beispiel in der Nikkormat EL war die Leistungsaufnahme noch helligkeitsabhängig und damit weniger schlimm, wenn die Kamera in einer geschlossenen und damit dunklen Tasche aufbewahrt wurde. Der Drehschalter unterhalb des Auslösers bleibt also immer in der Position bei der kein roter Punkt sichtbar ist. Hat man sich mit dem Drehschalter ausgetrickst und steht plötzlich mit einer leeren Batterie da, greift man auf die mechanische Notzeit von 1/90 Sekunde zurück und schätzt sich eine hoffentlich passende Blende dazu.

Ausgeknipst: Der Schalter rund um den Auslöser ist nur beim Betrieb in Verbindung mit dem Auto Winder AW-1 wichtig. Ohne den motorischen Filmtransport bleibt der Belichtungsmesser dauernd eingeschaltet und entleert die Batterie.
Der Sucher dieser Kamera entspricht ganz genau jenem der Nikkormat EL. Eine relativ helle Mattscheibe vom Typ K mit Mikroprismenring und Schnittbildindikator ist wie bei so vielen anderen Nikons der Standard. Auf der linken Seite findet man eine Skala mit den wählbaren Belichtungszeiten und einer Position [A] für Zeitautomatik. Die Anzeige der Nachführmessung im Sucher erfolgt über einen grünen Balken, welcher die vom Benutzer eingestellte Zeit anzeigt und einem schwarzen Zeiger, der den Messwert des Belichtungsmessers darstellt. Das ist sehr übersichtlich und man kann sehr schnell den persönlich gewünschten Abgleich durchführen. Was fehlen könnte, ist die nicht vorhandene Anzeige der eingestellten Blende im Sucher aber die hat es erst ab der Nikon FM gegeben.

Zu einer Nikon EL2 braucht man kaum Zubehör und es gibt bis auf ein paar Kleinigkeiten wie einer Augenmuschel, Korrekturlinsen oder einer Bereitschaftstasche auch nichts Weiteres. Wer jetzt nach dem Auto Winder AW-1 schielt, der darf meine ganz persönliche Erfahrung dazu erfahren. Ich habe mir einen AW-1 ausgeborgt, weil ich mir das Ding ansehen und vielleicht auch kaufen wollte. Der Auto Winder AW-1 ist ein barrenförmiger Zusatz, welcher unten an eine Nikon EL2 oder eine Nikkormat ELW angeschraubt werden kann. Er macht eine Kamera nicht unbedingt schöner. Man kann die Kamera, wenn überhaupt, nur mit einem langbrennweitigen Objektiv gut halten. Das Ding macht die Kamera um fünfhundert Gramm schwerer, denn allein die sechs Stück MN-1500-Batterien sind gewichtsmäßig nicht zu vernachlässigen. Die Geräuschkulisse eines Auto Winder AW-1 ist unüberhörbar, bei meinem Leihgerät war das ein lautes und wenig vertrauenerweckendes Jaulen. Ob man das alles für eine Bildfrequenz von zwei Bildern pro Sekunde in Kauf nimmt, ist fraglich. Den gealterten AW-1-Geräten sagt man überdies eine starke Neigung zu zerbröselnden Zahnrädern nach und ich wollte keine 120 Euro für einen der seltenen funktionsfähigen Winder AW-1 ausgeben, den ich nicht brauche und von dem nicht klar ist, wie lange er noch seine Funktion erfüllt.

Eine Nikon EL2 zu kaufen ist gar nicht so einfach, denn das Angebot ist knapp. Das spiegelt sich auch in den Preisen wider, die zwischen 100 und 170 Euro für eine technisch einwandfreie Kamera beginnen und preislich ist da auch noch einige Luft nach oben. Kann man eine Nikon EL2 mit einer Nikkormat FT3 oder einer Nikon F2A vergleichen? Die Nikon EL2 ist technisch die modernste der drei Kameras, vor allem die Belichtungsmessung und die Zeitautomatik sind für mich wichtig. Meine Nikon FT3 liegt da abgeschlagen am letzten Platz, während die Nikon F2A bei guten Lichtverhältnissen fast genauso gut wie die EL2 ist. Was die Ausstattung betrifft, ist die Nikon EL2 komplett, weil man mehr Kamera nicht braucht. Eine Zeitautomatik hat weder die Nikkormat FT3, noch die Nikon F2A und wer die Bequemlichkeit einer Belichtungshalbautomatik schätzt, ist mit der Nikon EL2 am besten dran. Massiv sind alle drei Kameras und ich gehe davon aus, dass heute niemand mehr über vierzig Jahre alte Kameras (täglich) für berufliche Zwecke nutzt. Bei den paar Filmrollen, die man heute pro Jahr zum Vergnügen verbraucht, spielt die Profitauglichkeit also überhaupt keine Rolle mehr. Wer auf das Gewicht und die Größe schaut, wird eher die Nikon EL2 bevorzugen, auch wenn die Unterschiede zu den beiden anderen Kameras sehr gering sind.
Die 4LR44- oder 4SR44-Batterie befindet sich in einem Fach im Spiegelkasten. Diese ungewöhnliche Lösung gab es bereits in der Nikkormat EL und deren Ablegern. Sie ist dem Verschlussmagneten geschuldet, der nur mit einer Spannung von sechs Volt funktioniert. In der Betriebsanleitung wird genau beschrieben, wie man die Batterie einlegt und entnimmt ohne den Verschluss oder die Einstellscheibe zu beschädigen. Hinter dem Batteriefach ist der Copal-Parallelkurbelverschluss in abgelaufenem (entspanntem) Zustand zu sehen.
Fazit: Eine Nikon EL2 war im Jahr 1977 ein kleiner Luxus. Nikon hat den Kunden für das Gehäuse 1.700 Euro entsprechend der Kaufkraft des Jahres 2025 abgenommen und für so viel Geld haben die Käufer auch auf modernster Technik insistiert. Heute ist man der Profiteur einer soliden Bauweise und langlebigen Technik. Die Nikon EL2 ist perfekt für alle, welche die Vorzüge der Nikon FE-Serie in der Verpackung und mit der Fertigungsqualität einer Nikkormat haben möchten.
Pro:

- Belichtungsmesser mit langlebigen SPD-Zellen
- Fertigungsqualität der Nikkormat-Serien
- Praxisgerechte Ausstattung


Kontra:

- Keine Blendenanzeige im Sucher

 

 

Nikon Ai/AiS - Teil 18 (in Vorbereitung)